Interview mit Christian Pistauer
2014 wurde die Idee zu Gustav geboren: Eine Office Toolbox, die den Arbeitsalltag im modernen Büro erleichtert. Ein Design und Konzept, das es bis dahin noch nicht gegeben hatte. Aber wie entstand die Idee zu Gustav, und wie kann ein simples Design Activity Based Working und Hybrid Work auf die Sprünge helfen? Gustav-Mitbegründer Christian Pistauer im Interview mit New Work-Expertin Barbara Oberrauter.
Barbara: Chris, du bist Architekt und Workplace-Stratege. Ganz simpel gefragt: Wozu braucht es eigentlich Tools wie Gustav?
Christian: Gustav ist unsere Antwort auf eine Arbeitswelt, die immer agiler und flexibler wird. Nehmen wir das Beispiel Activity Based Working: Im deutschsprachigen Raum ist es noch nicht so verbreitet, hier sind vor allem die Niederlande ein Vorreiter.Das Unternehmen Veldhoen hat das Konzept des aktivitätsbasierten Arbeitens erfunden und nach Australien und Neuseeland gebracht.
Eines der ersten Projekte war die Macquarie Bank in Sydney, mittlerweile haben fast 80 Prozent der Unternehmen landesweit solche flexiblen Arbeits- und Designkonzepte adaptiert. Ich war damals als Workplace Consultant live dabei und bin auf ein häufiges Problem von ABW gestoßen: Wie transportiere ich als mobiler Arbeiter am besten all meine notwendigen Sachen von A nach B?
B: Und das war die Geburt von Gustav?
C: Noch nicht ganz, aber die Idee mit einem eigenen Design eine Lösung für dieses Problem zu finden, hat mich danach nicht mehr losgelassen. Denn zu diesem Zeitpunkt, vor etwa zehn Jahren, gab es keine entsprechenden Produkte am Markt.
Ich kann mich noch erinnern, ich war 2014 auf Hochzeitsreise und meinte zu meiner Frau: „Ich will wieder mehr zu meinen Wurzeln als Designer zurückkehren. Da gibt es diesen Designwettbewerb von Herman Miller für Produktvorschläge rund um das Thema ‘The New office Nomad’. Dazu hätte ich viel zu sagen.“
Und so reichte ich dort meine Idee ein. Es ging mir vor allem darum für die neuen Bürokonzepte ein Tool zu finden, mit dem man all die Sachen, die so im Büro herumliegen, einfach und unkompliziert mitnehmen kann. Da hatte ich noch gar nicht die Intention, daraus einen Laptop-Stand zu machen. So etwas wie eine Office Toolbox war in dieser Zeit eine utopische Vorstellung, in diesem Sinne waren wir unserer Zeit voraus.
B: Wie war denn der eigentliche Entstehungsprozess von Gustav? Hast du dich dabei an irgendwelchen Designvorbildern orientiert?
C: Designvorbilder für Gustav gab es eigentlich keine, es existierten ja auch keine vergleichbaren Produkte. Ich bin auf jeden Fall ein Designer, dessen Heimat Minimalismus und Simplizität ist. Und mein Designmantra lautet: simpel ist das Ziel und nicht der Anfangspunkt einer Designreise.
Simplem Design sieht man auch nicht an, wie viel Know-How und verschiedene Arbeitsprozesse dahinterstecken. Wir haben für Gustav fast jedes Teil selbst entworfen: Das Scharnier wird in Taiwan extra nach unseren Vorgaben hergestellt, auch das Design für die Businesskarten und Filzteile wurde von uns entwickelt. Eigentlich ist alles bis auf die Schrauben und Filzeinlagen ohne Vorlagen eigens nur für Gustav entworfen.
Entsprechend hat der Designprozess an sich auch um die zwei Jahre gedauert, bis wir alles so simpel und perfekt zusammen hatten, wie wir es uns vorgestellt haben. Ich habe in dem Prozess mindestens 30 Möglichkeiten gefunden, wie man Gustav nicht baut :)
B: Du bist Designer, Architekt und Workplace-Stratege. Wie würdest du Gustav aus diesen unterschiedlichen Perspektiven beschreiben?
C: Ein gutes, einfaches Produkt ist so weit reduziert in Form und Funktion, dass es die absolute Essenz ausdrückt. Und das haben wir mit Gustav auch erreicht: Jedes Teil hat seinen Grund, warum es so und nicht anders ausschaut und funktioniert. Das ist für mich der Anspruch an Design - die Dinge auf das Wesentliche zu reduzieren. Ich glaube daran, dass man nur so zeitlose Objekte schaffen kann und Gustav diese Bezeichnung verdient.
Eine weitere Stärke von Gustav ist, dass man sich überall im Büro hinsetzen und ergonomisch korrekt arbeiten kann - du brauchst keinen Schreibtisch, sondern kannst auch mal in der Küche sitzen. Hier gehen ergonomisches Design und Workplace-Strategie Hand in Hand. Der Fokus im Büro geht weg vom einzelnen Arbeitsplatz und hin zur flexiblen Zusammenarbeit.
Arbeitsplätze muss man grundsätzlich holistisch sehen: People, Place und Technology. Als Architekt und Workplace-Stratege schaue ich mir an, wie das Arbeitsumfeld, die Technologie und Tools sind und wie sich die Menschen in einem Unternehmen verhalten. Dann stelle ich die Frage: Welche Spielregeln sind zu setzen, um diese drei Felder zusammenzubringen und eine für das Unternehmen passende Strategie zu entwickeln?
Die konkrete Arbeitsplatzgestaltung muss mit den Unternehmenszielen zusammenpassen und auch Aspekte wie Employer Branding, Mitarbeiterbindung oder das Markenbild mitbedenken. All das wird dann räumlich übersetzt.
B: Gustav ist mehrfach preisgekrönt. Was hat die Jurys dabei an Gustav überzeugt, glaubst du?
C: Um ein preisgekröntes Produkt zu haben, brauchst du natürlich eine gewisse Ästhetik, aber auch eine Funktionalität, kombiniert mit einem aktuellen Thema - in unserem Fall die Arbeitsplatzumstellung - und einer cleveren Lösung, die es so vorher noch nicht gegeben hat. Es gibt kein Produkt weltweit, dass sich mit Gustav messen kann - das erzeugt einen Aha-Effekt und macht auf Jurys Eindruck.
Anfangs war Gustav ja auch eine komplett neue Produktkategorie. Wenn man beim Möbelhändler anruft und nach sowas wie einer Office Toolbox fragt, kommt erst einmal keine Antwort. Das zeigt, wie innovativ diese Art von Produkt ist - ähnlich wie bei den neuen Kategorien für Arbeitsmodelle: New Work, Acitivity Based Work, Lean/Agile Work etc. Dort gibt es noch nicht so viele Erfahrungswerte und ich bin gespannt, wo die Reise hingeht - für Gustav ist definitiv noch Luft nach oben.
B: Apropos Erfahrungswerte, welche Erfahrungen habt ihr bei euren bisherigen Unternehmenskooperationen gemacht?
C: Unsere Firmenkunden sind heute ziemlich international, der erste große Auftrag kam von Adidas in Shanghai sowie Johnson und Johnson in Portugal. Gustav hat sich für kleinere Unternehmen, KMUs wie auch größere Betriebe bewährt. Am Anfang ist es sicherlich ein neues Produkt, an das man sich erst gewöhnen muss, aber der Bedarf ist definitiv da.
Hybrides Arbeiten, also der Mix aus Homeoffice und Büro, ist jetzt ein großes Thema - vor allem internationale Konzerne haben heute oft ein 50/50 Modell, bei KMUs überwiegt eine Office-First Strategie mit 3-4 Wochentagen im Büro. Hier hat Gustav eine große Zukunft.
In Europa beginnt der Umstellungsprozess zu Agile Work gerade - da sind wir vom Timing her mit unserem Produkt genau richtig.
B: Welche großen Herausforderungen siehst du auf die Bürowelten in Zukunft zukommen – und wie kann Gustav dabei helfen, sie zu bewältigen?
C: Nicht jedes Unternehmen ist gleich gut aufgestellt, um hybrides Arbeiten umzusetzen. Die Leute wollen wieder ins Büro, aber auch dort eine gewisse Flexibilität wie zuhause oder beim mobilen Arbeiten haben. Hier ist Activity Based Working eine tolle Lösung, aber der Weg dort hin kostet Zeit, Energie und Aufwand. Wichtig ist, dass das Management voll und ganz hinter der Lösung steht und sie dann auch selbst praktiziert - keine offenen Büros mit Einzelzimmern für die Chefetage. Die Transformation Richtung ABW und mehr Flexibilität kann ja auch in sanften Schritten passieren, aber sie muss gut durchdacht und nicht halbherzig sein.
Gustav ist das ideale Tool für solche Change Management Herausforderungen: Erstens löst es ein praktisches Problem für Firmen, bietet Mitarbeitern eine klare Lösung mit ergonomischem Vorteil und sorgt durch die individuellen Gestaltungsmöglichkeiten für den zusätzlichen Wohlfühlfaktor im Büro.
Nicht nur können Unternehmen unseren Gustav branden und damit ihre Marke subtil im Büro unterbringen – mit ihrem ganz eigenen Gustav gelingt es Mitarbeitenden auch, sich einfacher vom fixen Arbeitsplatz auf moderne Formen der Zusammenarbeit umzustellen und damit in der Arbeitswelt von heute anzukommen.